Familienmediation
Mediation bei Trennung und Scheidung
Trennung und Scheidung sind einschneidende Ereignisse, die nicht selten mit Gefühlen wie Ohnmacht, Wut, Angst, Verzweiflung, Trauer, Gesprächsunfähigkeit und Vorwürfen verbunden sind. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Gleichzeitig sind neue Perspektiven zu entwickeln:
- wie werden künftig die Kinder betreut und versorgt?
- wie sieht das Zuhause aus, bleibt einer der Partner – wer? – jedenfalls übergangsweise in der Wohnung oder im Haus?
- wie wird das familiäre Einkommen geteilt, nachdem die doppelte Haushaltsführung entschieden mehr kostet?
- bietet sich ein (Wieder-)Einstieg in die Berufstätigkeit an oder kommt eine Aus- bzw. Weiterbildung in Frage?
- werden Ersparnisse und Vermögen auseinandergesetzt, wozu können sie eingesetzt werden?
- wie kann für das Alter vorgesorgt werden?
Manchen Paaren gelingt es, über diese Fragestellungen eine persönliche Klärung herbeizuführen. Viele Familien brauchen Unterstützung, wenn eine so grundlegende Neuordnung ihrer Verhältnisse auf persönlichem, wirtschaftlichem und sozialem Feld ansteht.
Wer hilft?
Ursprünglich wurden Paaren in der Trennungs- und Scheidungsphase zwei Angebote gemacht:
- auf der persönlichen Ebene: eine Begleitung in der Krise durch Beratung und Therapie
- auf der sachlichen Ebene: rechtliche Regelung über Anwälte und Gerichte.
Gerade weil dies vielen Paaren nicht mehr ausreichte, gerade weil sie persönlich eine sachliche Verständigung erarbeiten wollten, hat sich Mediation als eigenständiges Verfahren entwickelt. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Kinder eine besondere Sorge während des Trennungs- und Scheidungsprozesses brauchen.
Als weiteres Konsensverfahren ist in jüngerer Zeit die Cooperative Praxis hinzugetreten.
Im Überblick haben sich folgende institutionelle Formen der Konfliktbearbeitung bei Trennung und Scheidung eingebürgert:
Eine anderweitige systematische Darstellung der institutionellen Bezüge kann aus folgender Abbildung entnommen werden.
Die Scheidung als solche ist dem Gericht vorbehalten. Es herrscht – jedenfalls für den Antragsteller – Anwaltszwang. Hinsichtlich der Folgen von Trennung und Scheidung kann man drei große Bereiche unterscheiden, wie Paare und Eltern unterstützt werden können:
- durch eine psychologisch fundierte Beratung bzw. Therapie
- durch eine sachlich rechtliche Regelung mit Hilfe von Anwälten und Gericht sowie
- durch einen angestrebten Konsens, sei es über Mediation oder Cooperative Praxis.
Die sachlich rechtliche Regelung und das Konsensverfahren (zu den gravierenden Unterschieden: Wege der Konfliktbewältigung) führen zu Urteilen, Vergleichen bzw. zu Verein-barungen über Fragestellungen wie z. B. die Haushaltsfinanzierung (Unterhalt), Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich), Altersvorsorge (Versorgungsausgleich) und nicht zuletzt die Betreuung der Kinder.
Die psychologisch fundierte Beratung bzw. Therapie bezieht sich auf intrapsychische Fragestellungen, auf Fragestellungen der Beziehung und der Trennung und schließt auf diesem Wege auch Fragestellungen zur Betreuung der Kinder mit ein. Im Einzelnen:
Beratung bei Trennung und Scheidung
Die Beratung bei Trennung und Scheidung hat sich früher (bis etwa 1982) auf Fragestellungen beschränkt, wie den Ehepartner geholfen werden kann, ihre Ehe zu retten und ihre Beziehung zu vertiefen. Die Beratung der Ehepartner hörte in der Regel auf, wenn es zur Trennung kam. Weitergeführt wurde die Beratung allenfalls mit einzelnen, um sie in ihrem Trennungsschmerz und Trauerprozess zu begleiten. Das wurde anders, als ins Bewusstsein trat, dass die Paare gerade in der Trennungssituation Hilfe brauchten, und zwar vor allem wegen der Kinder. Wenn es denn richtig ist, wie die Familienforschung belegte und wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 3. November 1982 zum gemeinsamen Sorgerecht auch in das rechtliche Bewusstsein hob, dass den Kindern am ehesten gedient ist, wenn die Eltern lernen, trotz Trennung als Paar im Interesse der Kinder miteinander zu kooperieren, wenn auf der anderen Seite offensichtlich ist, dass die Eltern dies vielfach, auch wenn sie es wollten, nicht konnten, bot sich an, Paare in der Trennung genau hierin zu unterstützen. So bildeten sich in München (Familiennotruf), in Berlin, in Münster und anderen Städten Anfang der 80er Jahre Trennungsberatungsstellen, die sich dies zum Ziel setzten. Dabei stellte sich heraus, dass es sinnvoll ist, die Aufmerksamkeit in der Trennungsberatung auf folgende Felder zu lenken:
- Zunächst auf die Frage, ob sich die Paare wirklich trennen wollen, ob also die zumindest von einem Partner angestrebte Veränderung sich nicht doch eher in die Beziehung integ-rieren lässt, oder ob der Vollzug der Trennung wirklich notwendig ist (Ambivalenzberatung). Wenn denn die äußere Trennung angesagt ist:
- Die Begleitung der Partner in ihrer Trennungs- und Trauerarbeit
- und schließlich, doch nicht zuletzt, auf die Begleitung der Eltern in dem Bemühen, trotz Trennung als Paar, bezogen auf die Kinder, kooperieren zu lernen und dies zur Grund-lage für eine abschließende Elternvereinbarung zu machen.
Dieser Ansatz war die eigentliche Triebkraft für die Installierung der Trennungsberatung und hat in der weiteren Entwicklung zur Formulierung des § 17 Abs. 2 SGB VIII geführt, wonach die Eltern „im Falle der Trennung oder Scheidung … unter angemessener Beteiligung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzeptes für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge zu unterstützen“ sind durch das Jugendamt. In München ist diese Aufgabe den Beratungstellen übertragen worden.
Trennungs- und Trauerarbeit
Inzwischen gehört die Trennungs- und Scheidungsberatung bei vielen Ehe- und Lebensberatungsstellen wie auch bei den Erziehungsberatungsstellen zum Spektrum ihres Angebotes, insbesondere die Trennungs- und Trauerarbeit.
Mit der Trennung ist häufig eine tiefgreifende Krise verbunden. Gerade dann, wenn die Be-ziehung über längere Zeit gedauert hatte, hat sich eine Paaridentität gebildet. Trennung heißt, sich aus dieser Paaridentität zu lösen und (wieder) eine eigene Identität zu finden. Die Beziehung zu den Familien der Partner, aber auch zur eigenen Herkunftsfamilie und im sozialen Umfeld (Freunde; Arbeitskollegen) will neu definiert werden. Die Kinder wollen vielfach nicht, dass sich die Eltern trennen, weil sie ja ihr Nest verlieren. Wie auf die neue altersun-terschiedliche Bedürftigkeit der Kinder eingehen, in welcher Weise die Verantwortlichkeit und die Betreuungsformen für die Kinder neu einrichten? Darüber hinaus wächst die Unsicherheit darüber, wo jeder seinen Platz findet, wem die Wohnung/das Haus bleibt, wie die Haushalte zukünftig finanziert werden, wie das Vermögen, die Altersvorsorge aufzuteilen sind.
Diese intrapsychischen Prozesse haben darüber hinaus eine unterschiedliche Resonanz beim Verlassenen und Verlassenden. Zumindest derjenige, der verlassen wird, erlebt das Ende der Beziehung wie einen Sterbeprozess. Es treten ähnliche Phänomene auf, wie sie Elisabeth Kübler-Ross im Rahmen ihrer Sterbeforschung aufgedeckt hat und die namentlich von Verena Kast ereignishaft für den Trennungsprozess beschrieben wurden:
Es erlebt der/die Verlassene das Ereignis in vier unterschiedlichen, sich zeitlich manchmal überschneidenden Phasen:
- der Phase des Nichtwahrhabenwollens
- der Phase des emotionalen Chaos
- der Phase der Akzeptanz
- und der Phase des Neuanfangs.
Aus der Phase des Nichtwahrhabenwollens wird man häufig in die Phase des emotionalen Chaos hineingeschleudert. Sie ist gekennzeichnet dadurch, dass Gefühle, die normalerweise weit voneinander entfernt liegen, sich überlappen: so können im Nu wechseln Hass und Zuneigung, Ohnmachtsgefühle und Wut, Aggression und Zärtlichkeit.
Das dauert seine Zeit und ist normal. Und vielfach auch verwirrend.
Um in die Phase der inneren Akzeptanz zu kommen, bedarf es eines aktiven Schrittes. Häufig verbunden mit der Frage, welchen eigenen Anteil am Trennungsprozess ich selbst habe. Die eigentliche Trennung kann beginnen, wenn so viel Gelassenheit einkehrt, dass ich erkennen kann, was mir der Partner in der Beziehung geschenkt hat. Dann öffnet sich das Tor zur Versöhnung. Das alles braucht seine Zeit, bis aus diesem Sterbeprozess wirklich der Neuanfang geboren werden kann. Die große Gefahr besteht insbesondere darin, im emotio-nalen Chaos steckenzubleiben, beherrscht von dem Gefühl, wie ich mich für das, was mir der Andere angetan hat, rächen muß. Dann kann sich heiße Wut in kalten Hass verfestigen und in einer Eskalation münden, die sich auch juristisch ausdrückt: durch nicht enden wollende Prozesse um den Unterhalt oder um die Kinder.
Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, ja in vielen Fällen geradezu geboten, dass sich die Ehepartner Hilfe durch eine Trennungsberatung oder durch einen Therapeuten suchen, der sie auf diesem Weg des Trennungs- und Trauerprozesses begleitet.
Vielfach braucht es zur gleichen Zeit – was die Situation nicht leichter macht – eine sachliche Klärung.
Sachlich-rechtliche Verfahren
Bei den sachlich rechtlichen Verfahren läßt sich differenzieren:
- Anwaltschaftliche Beratung im Rahmen eines Doppelmandates: Die Parteien suchen hier einen Anwalt auf, von dem sie erwarten, dass er sie gut berät, wie unter herkömmlichen rechtlichen Maßstäben typischerweise eine Regelung herbeigeführt wird. Der Anwalt wird hier nicht als Mediator tätig, der die Parteien darin unterstützt, eigenständig zu einer Lösung zu finden, sondern gibt ihnen aufgrund seiner Kompetenz Gestaltungsratschläge.
- Häufig suchen die Parteien „ihren“ Anwalt auf, um nach der jeweiligen Einzelberatung in gemeinsamen Gesprächen zu viert eine Vereinbarung zu erzielen. In der Regel werden solche Vereinbarungen im Interpretationsrahmen des Rechtes getroffen. Derjenige sammelt die meisten Punkte für sich, der zu seinen Gunsten auf eine höchstrichterliche Entscheidung verweisen kann.Scheidungsvereinbarungen sind wegen der güterrechtlichen Auseinandersetzung (Gütertrennung, Zugewinnausgleichausgleich mit Verzicht auf weiteren Ausgleich) und Unterhalt in der Regel notariell zu beurkunden, falls es nicht zu einem entsprechenden Vergleich vor Gericht kommt. Insbesondere bedarf die Übertragung von Immobilien der notariellen Beurkundung. Die Notare können auch ohne vorherige Zuhilfenahme von Anwälten aufgesucht werden, um eine entsprechende Beurkundung nach rechtlicher Aufklärung vorzunehmen.
- Kommen die Anwälte und ihre Parteien nicht zu einer Vereinbarung oder meint die eine oder andere Partei, die Verhandlungen seien nicht erfolgversprechend, werden entsprechende Anträge bei Gericht gestellt: z. B. zum Sorgerecht, zum Aufenthaltsbe-stimmungsrecht der Kinder, zum Umgangsrecht, zum Kindesunterhalt, zum Ehegattenunterhalt, zum Zugewinnausgleich oder zum Versorgungsausgleich.Das Gericht wird in der Regel einen Vergleich anstreben. Falls dies nicht gelingt, ist das Gericht gehalten, eine Entscheidung zu treffen. Hierzu wird es wegen der Kinder eine Stellungnahme des Jugendamtes einholen, gegebenenfalls einen Verfahrensbeistand als Anwalt des Kindes beiziehen oder auch einen Sachverständigen beauftragen. Zum Vollzug des Umgangs kann in hochstreitigen Fällen auch ein Umgangspfleger bestellt werden. Das kann zur Qual für die Kinder werden, weil sie von den verschiedensten Personen angehört werden (Jugendamt, Richter 1. u. 2. Instanz, Verfahrensbeistand, Sachverständiger, Umgangspfleger oder Beratungsstelle). Gegen gerichtliche Entscheidungen sind Beschwerde bzw. Berufung möglich, darüber entscheidet das Oberlandesgericht.
- In München gibt es die Besonderheit, dass auch ein Schiedsgericht angerufen werden kann, das Süddeutsche Schiedsgericht (www.familienschiedsgericht.de). Es besteht aus erfahrenen pensionierten Familienrichtern. Bei der Anrufung des Schiedsgerichtes weiß man, zu wem man kommt, und dass es keine weitere Instanz geben wird. Bei dem Süddeutschen Schiedsgericht enden die Verfahren häufig mit einem Vergleich.
- Seit Inkrafttreten des neuen Familienverfahrensrechtes (1. September 2009) gibt es auch die Möglichkeit, dass das Gericht Mediation empfiehlt (§ 135 II FamFG) oder sogar die – kostenfreie – Information über Mediation oder andere außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren anhängiger Folgesachen anordnet (§ 135 I FamFG). Hierzu hat die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) In-formationsblätter entwickelt
– für beteiligte Paare und Eltern
– für MediatorInnen
– für RichterInnen und
– für AnwältInnen(www.bafm-mediation.de/135FamFG).Sie können davon ausgehen, dass alle BAFM-Mitglieder (entsprechend einem Beschluss der Mitgliederversammlung) solche kostenfreie Informationsgespräche anbieten (Mediatorenliste der BAFM).In München hat sich darüber hinaus eine Gruppierung gebildet, die regelmäßig 14tägig dienstags in den Räumen des Amtsgerichtes – genauer: dem dortigen Raum des Münchner Anwaltvereins – solche Informationsgespräche anbietet. - In München gibt es eine weitere Besonderheit, das „Münchner Modell“ (www.muenchener.anwaltverein.de Startseite, mit Verweisung). Es betrifft ausschließlich Fragen die Kinder betreffend, also die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes. Es ist im Rahmen von § 156 des am 01.09.2009 in Kraft getretenen FamFG entwickelt worden. Bei einem entsprechenden Antrag soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken. Im Rahmen des Modells arbeiten verschiedene Institutionen interprofessionell zusammen.Auf Antrag eines Elternteils wird kurzfristig ein gerichtlicher Termin bestimmt. Bis dahin hat sich ein Mitarbeiter des Jugendamtes über die Situation orientiert und trägt seine Einsichten dem Gericht mündlich vor. Kommt es in dem Termin nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung, kann das Gericht auf Mediation hinweisen oder aber auch anordnen, dass die Eltern eine Beratung in Anspruch nehmen, insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzeptes für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung. Die überwiegenden Fälle betreffen insoweit den Umgang mit den Kindern. Die Münchner Beratungsstellen haben sich weitgehend bereiterklärt, ent-sprechende Beratungen zu übernehmen. Das Jugendamt hat bereits vor dem Termin Erkundigungen eingezogen, welche Beratungsstelle in Frage kommt. Das Gericht wird im ersten Termin versuchen, einen Vergleich zu schließen. In manchen Fällen wird es sofort entscheiden. Das Gericht kann in berechtigten Fällen einen Sachverständigen bestellen oder einen Verfahrensbeistand einbeziehen. In aussichtsreichen Fällen wird es eine Beratung anordnen oder auf Mediation hinverweisen. Die Verweisung erfolgt in der Regel im ersten Termin.Zentral ist der Unterschied zwischen gerichtlicher Entscheidung (bei der bei Bedarf Jugendamt, Verfahrensbeistand und Sachverständiger dem Gericht zuarbeiten) einerseits und der Beratung der Eltern durch die Beratungsstellen andererseits, die grundsätzlich in einem Vertrauensraum angesiedelt ist und von der aus keine inhaltlichen Informationen – mit Ausnahme des Ergebnisses – an das Gericht zurückgekoppelt werden dürfen. Dies gilt grundsätzlich auch bei Gewalt und Missbrauch. Allerdings sollen die Parteien nach dem interdisziplinär erarbeiteten „Sonderleitfaden“ bei Gewalt oder Missbrauch die Berater und Umgangsbegleiter von der Schweigepflicht entbinden. In diesen Fällen soll also der Vertrauensraum der Beratung aufgebrochen werden, was in der Fachwelt teilweise Skepsis hervorgerufen hat. Die Mediation – sollte sie anstelle der Beratung erfolgen – ist ebenfalls im Vertrauensraum angesiedelt.Das Gericht setzt das Verfahren fort, falls es nicht zu einer Einigung bei der Beratungsstelle gekommen ist.
Konsensverfahren
Aus den Abbildungen wird ersichtlich, dass die Konsensverfahren – Mediation und Coopera-tive Praxis – in der Mitte zwischen dem rechtlichen Delegationssystem einerseits und der intra- und interpsychischen Bearbeitung der Konflikte auf der Beziehungsebene andererseits angesiedelt sind. Es wird deutlich, dass es letztlich um eine interessengerechte Vereinba-rung über die Folgen von Trennung und Scheidung geht. Interesse heißt, wörtlich übersetzt: Dazwischen sein. In diesem Sinne geht es um eine Regelung, die zwischen der rechtlichen Delegation als „Kampf um das Recht“ und der inter- und intrapsychischen Trennungsdynamik angesiedelt ist. Im „Streit um den Konsens“ ausgehend vom eigentlich zukünftig Gewollten, dem jeweiligen Interesse, wird die anstehende Lösung – unter Vermittlung des Mediators/der Mediatorin – erarbeitet.
Die Kernfrage heißt:
Will ich selbst bestimmen, wie meine Zukunft aussieht, dann werde ich ein Konsensverfahren vorziehen, sei es
- Mediation
- oder Cooperative Praxis.
Wegen der grundsätzlichen Ausführungen wird verwiesen auf das Stichwort
- Mediation
hier insbesondere auf- warum Mediation?
- Eignung und Eignungsgrenzen
- Vorteile der Mediation
sowie das Stichwort
- Cooperative Praxis
hier insbesondere auf- Gemeinsamkeiten mit der Mediation
- Unterschiede zur Mediation
- Eignung und Eignungsgrenzen
Zusammenfassend:
Ziel der Konsensverfahren ist nicht die vergangenheitsorientierte Kategorisierung nach richtig und falsch, die in die Unterwerfung unter ein Urteil mündet. Die Trennung der Ehepartner wird damit nicht nach Recht und Unrecht kategorisiert, sondern als solche zur Grundlage der Entscheidungsfindung gemacht. Trennung ist Auflösung von Verbundenheit und führt von ihrer Natur her zur Unterschiedlichkeit. Die Akzeptanz der Unterschiedlichkeit – wenn sie denn gelingt – öffnet neue Entscheidungsräume. Dann geht es nicht mehr darum, reaktiv dem Anderen jeweils die Schuld zuzuweisen. Es geht vielmehr darum, selbstverantwortlich in Kenntnis aller bedeutungserheblichen Umstände – einschließlich des Rechtes – im Rahmen des Möglichen und in der Differenzierung von Notwendigem und Wünschenswertem gemeinsam Lösungen für die Zukunft, die das eigene Interesse soweit wie möglich beinhalten, zu entwickeln. Dabei werden alle Ressourcen ausgeschöpft und Synergien gebündelt, um so zu wertschöpfenden Lösungen zu gelangen, bei denen jeder so viel gewinnt wie möglich. Dieser Raum öffnet sich freilich nur dann, wenn es gelingt, aus dem reaktiven schuld-zuweisenden Verhalten herauszutreten, sich proaktiv auf sich und sein eigentliches zukünfti-ges Interesse zu besinnen, um sich auf dieser Basis – und das ist idealtypisch das Ziel – wechselbezüglich als Problemlösegemeinschaft zu verstehen, die gemeinsam Konflikte hat, die es gemeinsam zu lösen gilt, und jeder ein „gutes Ende“ will.
Kontrollfragen
1 Persönliche Verhandlungen
Meinen Sie, dass Sie ohne Hilfe Dritter mit Ihrem Konfliktpartner verhandeln können und zu einem guten Ergebnis kommen können? Dann nehmen Sie diese Verhandlungen auf, gege-benenfalls nach einer Einzelberatung bei einem Anwalt.
2 Würden Sie eher ein anwaltschaftlich/gerichtliches oder ein Konsensverfahren: Mediation bzw. Cooperative Praxis vorziehen?
(1) Sachlich rechtliche Regelung; anwaltschaftlich/gerichtliches Verfahren
- Suchen Sie eine eindeutige rechtliche Entscheidung? Dann wenden Sie sich über Ihren Anwalt an das Gericht.
- Wollen Sie eine Entscheidung durch einen Richter, der sich nach objektiven rechtlichen Kriterien ausrichtet? Dann wenden Sie sich über Ihren Anwalt an das Gericht.
- Wollen Sie verhandeln und ein Ergebnis, das sich im Kern am rechtlichen Maßstab misst? Dann wenden Sie sich an Ihren Anwalt mit dem Auftrag, zunächst über Ver-handlungen eine rechtlich fundierte Lösung zu erarbeiten.Und, wenn dies nicht gelingt, wenden Sie sich über Ihren Anwalt an das Gericht.
- Wollen Sie das Verfahren an das Recht, die Anwälte und Richter delegieren und die Entscheidung nicht selbst in der Hand behalten, z. B. weil Sie das als Last empfinden? Dann wenden Sie sich an Ihren Anwalt und gegebenenfalls an das Gericht.
- Meinen Sie, dass Sie in Verhandlungen hoffnungslos unterlegen sind? Dann bedienen Sie sich auf jeden Fall anwaltschaftlicher Hilfe und entscheiden dann, ob Sie Verhand-lungen führen, auch im Rahmen der Cooperativen Praxis, oder gleich zu Gericht gehen wollen.
- Meinen Sie, dass außergerichtliche Verhandlungen sinnlos sind, weil keine Einigung erzielbar ist? Dann wenden Sie sich an Ihren Anwalt und reichen Klage ein.
(2) Konsensverfahren
- Meinen Sie, dass Sie in einer so höchstpersönlichen und die Zukunft bestimmenden Fragestellung wie bei den Trennungs- und Scheidungsfolgen die Entscheidung nicht aus der Hand geben, sondern selbst in der Hand behalten sollten, brauchen hierzu aber kommunikative und sachliche Hilfe? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Meinen Sie, dass nicht die vergangenheitsbezogenen Rechtsansprüche im Vordergrund stehen sollten, sondern Ihre persönlichen Bedürfnisse, Zukunftsinteressen? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Meinen Sie, dass Beziehungsaspekte einbezogen werden sollten, namentlich im Hinblick auf die Kinder? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Meinen Sie, dass Ihnen bisher Ihre Emotionalität oder die Emotionalität Ihres Konflikt-partners bei den Verhandlungen im Weg gestanden haben, dass Sie aber dennoch „Eigentümer des Konfliktes“ bleiben wollen: Dann wählen Sie ein Konsensverfahren..
- Haben Sie die Befürchtung, dass durch ein kontradiktorisches Verfahren im „Kampf um das Recht“ der Konflikt verschärft wird und Sie deshalb nicht zu dem kommen, was Sie eigentlich für sich wollen? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Wollen Sie nicht fragmentierende Entscheidungen hinsichtlich der Kinder, des Unterhaltes, des Zugewinnausgleiches und anderer Regelungsumstände, sondern eine ganzheitliche Betrachtung, die maßgeschneidert auf Sie und Ihren Konfliktpartner zugeschnitten ist? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Wollen Sie alle Ressourcen und Synergien bei der Gestaltung einer zukünftigen Lösung ausschöpfen mit Hilfe einer Verfahrensstruktur, die gerade dies anbietet? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Ist Ihnen daran gelegen, dass ihre Vereinbarung nachhaltig ist, weil Sie beide letztlich ja zu der gefundenen Einigung gesagt haben? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Wollen Sie möglichst zügig ein Ergebnis erzielen und den Zeitablauf mitgestalten? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
- Wollen Sie immer wissen und durch Ihre vorbereitenden Arbeiten mitbestimmen, welche Kosten auf Sie zukommen, und nicht einer unkontrollierten Kostenstruktur ausgeliefert sein? Dann wählen Sie ein Konsensverfahren.
3 Konsensverfahren: Mediation oder Cooperative Praxis?
Mediation und Cooperative Praxis zielen beide als Konsensverfahren auf eine interes-sengerechte, selbstverantwortete Einigung, gegebenenfalls eine rechtsverbindliche Vereinbarung, ab. Prinzipien und der Ablauf sind ähnlich. Die Unterschiede liegen darin begründet, dass Mediation durch einen Mediator verantwortet wird, Cooperative Praxis durch die beteiligten Berufsgruppen, also von den die Parteien beratenden und vertretenden Anwälten, zum Teil darüber hinaus von Coaches, die die Parteien psy-chisch bei der Bewältigung des Verfahrens unterstützen, gegebenenfalls externen (Kinder-)Experten. Da die ganze Energie auf die Vereinbarung ausgerichtet ist, beenden alle professionell Beteiligten ihre Tätigkeit. Das bedeutet vor allem, daß die Anwälte ihre Parteien anschließend nicht vor Gericht vertreten, falls die Verhandlungen scheitern bzw. nicht zu einer Einigung führen.
Mediation ist normalerweise das „einfachere“, manchmal auch kostensparendere Verfahren.
Wann ist Cooperative Praxis vorzuziehen?
Meinen Sie, dass Sie zwar Anwälte an Ihrer Seite brauchen, aber nicht mit dem Ziel, beim Scheitern der Verhandlungen zu Gericht zu gehen, sondern alle Energie auf eine Einigung auszurichten? Dann wählen Sie statt der traditionellen anwaltschaftlichen Viererverhandlungen Cooperative Praxis.
- Wenn Sie sehr unsicher sind, ob Sie für sich selbst richtig einstehen können, gleichwohl aber eine Einigung anstreben, dann wählen Sie anstelle der Mediation Cooperative Praxis.
- Wenn Sie meinen, dass Sie besondere psychologische Unterstützung in diesem Ver-fahren brauchen, insbesondere auch, um Ihre Auffassung in der Verhandlung zu ver-deutlichen, dann wählen Sie Cooperative Praxis und ziehen – gegebenenfalls neben ihrem Anwalt – einen Coach auf Ihrer Seite bei.
- Wenn Sie meinen, dass Sie wegen der Komplexität des Falles einen Fürsprecher in den Verhandlungen an Ihrer Seite brauchen, sei es von der sachlich interessegerechten Seite, sei es von der emotionalen Seite her, dann wählen Sie statt der Mediation Cooperative Praxis.
- Wenn Sie meinen, dass Sie und Ihr Konfliktpartner einen größeren sichereren Halt brauchen, um den Wandel aus einer gemeinsamen Beziehungsidentität in eine eigen-ständige Identität mit den entsprechenden sachlichen Verabredungen vollziehen zu können, dann wählen Sie statt der Mediation Cooperative Praxis.
Mediation wird von ausgebildeten Mediatoren ausgeübt.
Um Cooperative Praxis in Anspruch nehmen zu können, braucht es Mediatoren, die speziell für Cooperative Praxis ausgebildet sind. In München sind dies inzwischen insgesamt 60 Mediatoren. Die Listung finden Sie unter www.cooperative-praxis.de. Wenn Sie sich bereits Ihren Anwalt gewählt haben, sprechen Sie mit ihm/ihr darüber, was aus seiner/ihrer Sicht das beste Verfahren für Sie ist.
4 Hybride Verfahren
In der Praxis nehmen zusammengesetzte Verfahren (Mediation und Cooperative Praxis) an Bedeutung zu. In diesen Fällen entbinden die Parteien ihre Anwälte und den Mediator von der Schweigepflicht. Gleichzeitig gibt es die Verabredung, dass die Anwälte ihre Mandanten nicht vor Gericht vertreten, falls es wider Erwarten nicht zu einer Einigung kommt.
5 Kosten
Natürlich hängt die Wahl des Verfahrens auch von den Kosten ab.
Wenn Anwälte Anträge bei Gericht stellen, gilt die anwaltschaftliche Gebührenordnung, die sich nach den Streitwerten ausrichtet.
Für außergerichtliche Verhandlungen wird das Honorar i. d. R. vereinbart. Für Mediation und Cooperative Praxis hat sich eingebürgert, nach Zeit abzurechnen.
Das hat den großen Vorteil für die Betroffenen, selbst mitzubestimmen, welche Kosten anfallen. Je besser Sie vorarbeiten – insbesondere die notwendigen sachlichen Informationen zusammentragen – umso kostengünstiger wird das Verfahren. Außerdem wissen Sie immer, welche Kosten bislang angefallen sind: es herrscht Kostentransparenz.
Schließlich können die Kosten ins Verhältnis gesetzt werden mit der Zeiteffektivität und der Nachhaltigkeit: Dann ist vielleicht ein eingangs scheinbar kostspieliges Verfahren am Ende doch ein billigeres.
Die Honorare bei Anwälten (Mediatoren oder C.P.-Anwälte) schwanken zwischen € 100,– und € 300,– pro Zeitstunde, die von Berufen aus dem psychosozialen Feld (Mediatoren oder Coaches oder Kinderexperten) zwischen € 60,– und € 150,–/Stunde. Die Beratungsstellen erwarten vielfach Spenden.
Generell kann man sagen, dass die Konsensverfahren geldmäßig immer kostengünstiger werden, je höher die Geschäftswerte sind. Lassen Sie sich fachlich ausrechnen, welches Verfahren für Sie das preiswerteste ist und setzen Sie dies ins Verhältnis zu den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Verfahrensform.
Typische Regelungsinhalte bei Trennung und Scheidung:
Erläuterungen:
Weil es um die Organisation der Trennung geht, wird so viel wie möglich getrennt. Einer Reorganisation bedarf es, so weit die Kinder und die Haushaltsfinanzierung betroffen sind. Beide Aspekte hängen zusammen, weil der Elternteil, der die Kinder betreut, viel weniger Zeit hat, um zu arbeiten und Geld zu verdienen. Und umgekehrt: wer mehr arbeitet, hat weniger Zeit für die Kinder.
Die Umstände verändern sich im Laufe der Zeit, weil die Kinder älter werden und sich ihre persönlichen und finanziellen Bedürfnisse ändern.
Wie können Sie Ihren Kindern helfen?
Abhängig von Alter und Geschlecht sowie der Situation der Familie vor, während und nach der Trennung und noch manch anderem verarbeiten Kinder die Scheidung besser oder schlechter.
Es hat sich aber gezeigt, dass eines für fast alle Scheidungskinder gilt:
Kinder erfahren durch die Scheidung ihrer Eltern, wie zerbrechlich Beziehungen und Liebe sind. Einmal selbst das „Risiko der Liebe“ einzugehen ist für sie mit Angst verbunden, die sie über die Zeit der Pubertät hinaus zeitlebens beschäftigen kann.
Was für Ihre Kinder jetzt wichtig ist
- Kinder müssen verstehen können, was Scheidung bedeutet und was ihre Folgen sind. Das geht leichter, wenn beide Eltern ihnen die gleichen Auskünfte geben, und zwar wenn möglich immer gemeinsam zur gleichen Zeit.
- Kinder haben ein Recht darauf, Kinder zu bleiben und sich ihrem eigenen Leben zuzuwenden. Das können sie, wenn die Eltern sie nicht für ihre eigenen Bedürfnisse und Sorgen in Beschlag nehmen.
- Kinder haben bei der Scheidung ihrer Eltern einen Verlust zu bewältigen. Es wird ihnen helfen, wenn sie wissen, dass beide Eltern das verstehen. Noch besser geht es ihnen, wenn sie es nicht nur hören, sondern es auch spüren, dass Mutter und Vater sie weiterhin lieben.
- „Kinder sind zwischen Wut und Liebe hin- und hergerissen und schämen sich vielleicht wegen ihrer Wut, denn sie lieben ihre Eltern und sehen, wenn sie leiden. Das Mitgefühl für die Eltern macht es den Kindern schwer, sich ihre Wut auf sie einzugestehen.“ (Judith Wallerstein). Wenn Eltern nicht so sehr auf das Mitgefühl der Kinder „bauen“, sondern ih-re Wut zulassen, helfen sie ihnen, sich selbst nichts vorzumachen.
- Kinder haben oft Schuldgefühle weil sie glauben, an der Scheidung der Eltern (mit-)schuldig zu sein. Es geht ihnen besser, wenn die Eltern klar die Verantwortung für die Scheidung auf sich nehmen.
- Kinder werden mit der Zeit lernen, die Endgültigkeit der Scheidung zu akzeptieren. So-lange jedoch die Eltern dies selbst nicht tun, dürfen sie es auch nicht von ihren Kindern erwarten.
- Kinder brauchen neben den Eltern oft Personen, bei denen sie sich in vollem Vertrauen aussprechen können. Sie dürfen erwarten, daß die Eltern diesen Vertrauensraum achten und die Kinder und ihre Vertrauenspersonen nicht aushorchen. Manche Kinder suchen sich diese Personen, die „Paten“, selbst aus, oder aber die Eltern sind ihnen von sich aus dabei behilflich.
- Auch wenn es ihnen oft schwer fällt, tun Mütter und Väter gut daran, den Platz des abwesenden Elternteils zu achten, den dieser im Herzen des Kindes hat, damit das Kind nicht gezwungen wird, diesen Teil seines Selbst zu leugnen und „abzuspalten“, was schlimme Folgen haben kann.
Was können Sie für die Kinder tun
Für Sie als Eltern ist es jetzt besonders wichtig, dass Sie die familiäre und partnerschaftliche Ebene auseinanderhalten. Sonst kann es leicht geschehen, da Sie Ihre Kinder mit in fortbestehende Probleme mit Ihrem Partner hineinziehen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Bei Trennungen sehnt man sich umso mehr nach Nähe und Zusammenhalt mit den Kindern. Man zieht sie vielleicht auf seine Seite, wodurch der andere für frühere „Vergehen“ in der Ehe „gestraft“ werden soll. Oft „entdecken“ Väter ihre Kinder erst nach der Scheidung und leiden dann um so mehr unter der Trennung von ihnen.
Die Kinder kommen oft in große Schwierigkeiten, weil sie ja beide Eltern lieben und versuchen, nicht für einen der beiden Partei zu ergreifen, obwohl das von ihnen oft offen oder verdeckt erwartet wird. Das Leiden der Kinder zeigt sich auf verschiedene Weise: In der Schule als verändertes Sozialverhalten oder Leistungsabfall; in der Familie durch Rückzug oder Aggressivität, in gesundheitlichen Schwierigkeiten bis hin zu Krankheiten, die ärztliche Betreuung erfordern. Oft bessert sich alles dann, wenn sich in der Familie wieder alles ein-gespielt hat. Auch spätere Probleme Jugendlicher hängen erfahrungsgemäß häufig mit der Scheidung ihrer Eltern zusammen.
Was Mediation bewirkt
Für die Kinder ist es schlimm – und unvermeidlich -, dass sie das gemeinsame Zuhause verlieren. Wenn den Eltern daran liegt, dass die Kinder unter der Trennung so wenig wie möglich leiden – und das ist in der Regel das Ziel aller Eltern – kann ihnen Mediation eine Hilfestellung zur konstruktiven Bewältigung ihrer Situation geben.
Mediation kann den Kindern und Eltern nutzen durch
- Stärkung der Verantwortung der Eltern trotz Trennung als Paar
- den Abbau von Ängsten (Verlust der Kinder) zugunsten einer klaren Betreuungsregelung (Zuwachs an Kontakten)
- die Besinnung auf die Bedeutung, die die beiden Eltern als Mutter und Vater für die Kinder haben
- die Hinwendung zu den für die Kinder entscheidenden Zukunftsperspektiven
- die Einübung von Kooperation
- die Förderung bislang eher verborgener familiärer Fähigkeiten und Ressourcen und nicht zuletzt
- durch den versöhnlichen Charakter von Mediation
Mediation ist zweierlei: Sie ist zum einen eine Methode, die vermittelt und bis in die Einzelheiten geduldig klären hilft, bis ein Ergebnis gefunden ist.
Zum anderen ist sie die innere Haltung der Mediatorin oder des Mediators. Sie gründet auf Hinhören, Annehmen, Aushalten, Geltenlassen. Mediatoren sind „allparteilich“. Sie sind offen für beide, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, ohne sie zu bewerten und dem einen gegen den anderen Recht zu geben. Diese Haltung wirkt beruhigend und versöhnlich. Sie gibt der Frau und dem Mann den Raum, den sie benötigen, um von sich zu sprechen – selbst wenn beide zunächst widersprüchlich und aggressiv argumentieren und einem als Mediator auch einmal ganz schön „auf den Wecker gehen“.
Die Eltern lernen also in diesem Verfahren auf doppelte Weise, kooperativ aufeinander zu-zugehen. Sie gehen zumindest im Beisein der Mediatorin oder des Mediators anders mitein-ander um, als sie es vielleicht von nervenzermürbenden Streitereien gewöhnt sind.
All dies bleibt nicht ohne Wirkung auf ihre Umgebung und somit auch auf ihre Kinder. Wenn die Eltern aufbauender, verständnisvoller miteinander reden können, wird sich das auch auf die Stimmung zuhause auswirken. Nach eigenen Aussagen leiden Kinder bei eisigem Schweigen meist ebenso sehr unter Dauerspannung wie bei hitzigen Auseinandersetzungen.
Sollen die Kinder teilnehmen?
Darüber, ob und wie Kinder in das Mediationsverfahren einbezogen werden sollen, herrscht in Fachkreisen keine Einigkeit. Die Entscheidung darüber ist von Fall zu Fall zu treffen. Da-bei helfen Ihnen folgende Überlegungen:
- Wenn angesichts der zur Lösung anstehenden Probleme die Kinder zu wenig mitbedacht oder „in der Hitze des Ehe-Gefechts“ immer wieder vergessen werden, wird Sie der Mediator an sie erinnern und sie dadurch „repräsentieren“.
- Kinder sollten nicht an Entscheidungen beteiligt werden, welche von den Erwachsenen zu treffen sind.
- Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, entspricht es dem Geist der Mediation, dass Sie selbst aushandeln, ob, wann und warum Ihre Kinder bei der Mediation dabei sein sollen.
- Kommen Kinder in die Mediation, wird ihnen der Mediator genau erklären, um was es sich handelt, damit sie sich nicht in eine unangemessene Rolle, etwa als „Zeuge“ oder „Schiedsrichter“, hineinphantasieren.
- Sie sollten Ihr Kind dann an der Mediation teilnehmen lassen, wenn Sie es beide für möglich und richtig halten, mit ihm gemeinsam zu sprechen, anstatt über es zu verhandeln. Je nach Alter kann es auch einmal sinnvoll sein, daß sich die Mediatorin allein mit den Kindern trifft. Hierbei sollte jedoch der Eindruck vermieden werden, dass den Kindern die Entscheidung überbürdet wird.
Was Kinder entlastet
Es ist für Kinder entlastend, zu sehen, wo und wie die Eltern zusammen verhandeln. Das kann eine neue Erfahrung sein. Allein das Wissen, dass Mutter und Vater (wieder) miteinander reden, kann es ihnen leichter machen, mit der Mutter über den Vater und umgekehrt zu reden: Sie brauchen den Abwesenden nicht aus Rücksicht zu dem, mit dem sie gerade allein sind, „ausblenden“ und dabei ein schlechtes Gewissen haben. Falls es für Sie schwierig ist, Ihren Kindern zu sagen, dass Sie sich trennen oder scheiden lassen wollen, kann Mediation der schützende Rahmen dafür sein.
Nötigenfalls wird der Mediator mit Ihnen beiden „üben“, wie Sie es Ihren Kindern sagen können.
Das Kind tritt für sich selbst ein
Kindern sollte in der Mediation Gelegenheit gegeben werden, ihrem Alter entsprechend gehört zu werden und mitsprechen zu können: Das ist nicht nur sinnvoll, sondern sogar nötig, wenn es um Umgangsregelung, Taschengeld, Urlaubswünsche, Schule oder Berufswahl geht.
Wenn sich dabei herausstellt, dass die Kinder die Vorstellungen der Eltern nicht annehmen und/oder erfüllen können oder wollen, muss man die Regelungen ihren berechtigten Interessen anpassen: „Es wäre den Kindern gegenüber unfair, sie einzuladen, um sie vor vollendete Tatsachen zu stellen.“ (John Haynes)
Wichtig ist jedoch, dass auch die Eltern eine Vorstellung haben und ihre Entscheidung nicht auf die Kinder abschieben.
Es gibt Mediatoren, die die Kinder von ihren Eltern zur Unterzeichnung der abschließenden Vereinbarung einladen lassen. Damit soll ein Ende und ein Neubeginn für alle demonstriert werden.
Beiziehung eines Kinderexperten
Manchmal empfiehlt es sich, im allseitigen Einvernehmen einen Kinderexperten beizuziehen.
Dieser würde zunächst in die Mediation eingeladen, um sich vorzustellen und sein Konzept zu erläutern. Er braucht das Vertrauen der Eltern, wenn er mit den Kindern Kontakt aufnimmt. Sie/er hat die Aufgabe, die Kinder anzuhören, die psychische Ausgangssituation und Konfliktlage zu erfassen und mit ihnen altersgemäß abzuklären, was in das Verfahren eingebracht werden und was vertraulich behandelt werden soll.
Im Verfahren gibt er/sie den Kindern eine Stimme und bringt deren Befindlichkeit, Sorgen und Wünsche ein. Er/sie steht den Kindern bei, wenn diese ihrem Alter entsprechend im Verfahren selbst zu Wort kommen. Er/sie gibt den Eltern Informationen und Orientierungshilfe, wie diese vorläufig am besten mit den Kindern während der Trennungs- und Scheidungssituation umgehen.
Seine Informationen dienen dazu, daß in der Mediation ein Plan entwickelt wird, wie die Eltern in der Zukunft am besten ihrer bleibenden elterlichen Verantwortung gerecht werden können. Der Kinder¬experte kann in diese Planungsarbeiten miteinbezogen werden.
Er/sie unterliegt – im Verhältnis zu einem richterlichen Verfahren – dem Vertraulichkeitsgebot.
Kinder im Blick
In München gibt es eine Besonderheit:
Ein Elterntrainingsprogramm, das von der Uni München (Prof. Walper) und dem Familiennotruf entwickelt wurde (www.familiennotruf-muenchen.de/Kinder im Blick). In München wird es angeboten durch
- den Familiennotruf
- das Evangelische Beratungszentrum (www.ebz-muenchen.de)
- die Caritas Erziehungsberatung Sendling (www.caritasmuenchen.de)
Sonstige Familienmediation
Trennung und Scheidung sind jedoch nicht das einzige Anwendungsgebiet der Familienmediation. Einbezogen sind vielmehr sämtliche Konflikte in bestehenden Familien, insbesondere dann, wenn in Folge von Übergängen in den Phasen der Familienentwicklung eine neue Grundlage für das Zusammenleben geschaffen werden soll.
Mediation ist bei vielen familiären Konflikten ein Weg, der zu befriedigenden Ergebnissen führt, wenn Unterstützung gebraucht wird. So z. B. im Hinblick auf
- Konflikte in Stieffamiliensystemen, z. B. zur Rollenklärung zwischen Vater/Mutter und den jeweiligen neuen Lebensgefährten in ihrem Verhältnis zu den Kindern unter Gestaltung des Kontaktes zum außerhalb lebenden Elternteil
- besondere Konflikte bei nicht verheirateten Paaren
- Name des Kindes
- gemeinsame elterliche Sorge
- Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater
- Kontakte zwischen Kindern und dem entfernter lebenden Elternteil
- finanzielle Unterstützung des anderen Elternteils sowie überhaupt Haushaltsfinanzierungen unter Einschluss der Kinder
- Gestaltung des Zusammenlebens und Vorsorge für den Fall der Trennung
- erbrechtliche Fragen
- Partnerstreitigkeiten, z. B. bei der Familienplanung und Arbeitsteilung insbesondere bei Konflikten zwischen elterlicher Betreuung und Ausübung des Berufes; wegen unterschiedlicher Auffassungen in der Betreuung und Erziehung
- Konflikte zwischen Eltern und Kindern über elterliche Verantwortung und Autonomie der Kinder, z. B. im Bezug auf Ausbildung und Beruf sowie zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
- Konflikte zwischen Eltern und Pflegepersonen oder zwischen Eltern und Adoptiveltern
- Konflikte bei Familienübergängen, z. B. Kinder werden geboren; Kinder verlassen das Nest; (Wieder-)Eintritt des die Kinder betreuenden Elternteiles in das Berufsleben; Eintritt ins Rentenalter; erzwungene Arbeitslosigkeit, usw., überhaupt: Gestaltung des Zusammenlebens
- Mehrgenerationenkonflikte z. B. bei häuslicher Gemeinschaft insbesondere bei notwendiger Pflege der älteren (Eltern-)Generation; Ausgleich unter Geschwistern über erbrechtliche Regelungen
- Konflikte in Wohngemeinschaften